Planung Ostsee – Die Probe
Im Urlaub zu arbeiten ist meist eine ungünstige Verkettung oder ein Zeichen für eine grausame Unternehmenskultur. Doch wie ist es, wenn an einem Urlaubsort gearbeitet wird? In unserer Digitalagentur arbeiten wir nicht nur an digitalen Themen, sondern legen ebenso für unsere eigene Arbeit einen digitalen Maßstab an. Entsprechend arbeitet ein Teil des Teams bereits vollständig remote und asynchron im Home-Office. Remote Work ist sicherlich Bestandteil von New Work, der Arbeitswelt der Zukunft, doch aus der Ferne arbeiten muss nicht zwingend im Home-Office stattfinden.
Ortsunabhängige Arbeit ist keine Selbstverständlichkeit und nicht ganz einfach. Der Traum von Flip-Flops und Strand in Thailand steht sofort im Raum, aber geht das so einfach? Das kann doch nicht so schwierig sein, oder? MacBook in den Koffer und los. MacBook ohne externes Display funktioniert schon mal nicht für alle, nach längerem Überlegen sogar für fast keinen von uns. Dann vielleicht doch erstmal mit dem Auto wegfahren. Gut, dann aber an den Strand. Es ist zwar Oktober aber Hauptsache Strand! Ostsee, Reetdach und Kamin, wer möchte mitfahren? Schnell zeigt sich, dass alle mitwollen, ob aus Interesse oder doch „fomo“ (Fear Of Missing Out – Eine Formulierung, die im Teamraum eher den Kollegen und Kolleginnen ab Baujahr 95 bekannt ist) sei dahingestellt. Die Frage danach, wer mit will, ist schlichtweg falsch. Die Frage danach, wer mit kann, passt besser. Schnell zeigt sich, dass unsere Teammitglieder mit Kindern keine Woche wegfahren können, um dort alleine oder mit dem Team Work & Holiday zu machen. Na gut, dann eben nur als Vierergruppe mit Laura, Vivi, Tjark und Jonas.
Generation Z vs. Telefonbuchung
Freie Ferienhäuser im Oktober zu finden ist, wenig überraschend, nicht besonders schwierig. Die Buchung für eine Person der Generation Z via Telefon allerdings schon. Neben der Norddeutsch-Fränkischen-Sprachbarriere stehen Befürchtungen im Raum „abgezogen zu werden“. Unglaublich, dass Menschen jahrzehntelang Ferienhäuser per Telefon und nicht in diesem Internet gebucht haben. Apropos Internet... Wie war das noch mal?
Teenies geht es bei der Ferienhaus-Buchung ihrer Eltern sicher primär um das gute WLAN vor Ort. Für uns ist eine angemessene Internet-Anbindung des Ferienhauses allerdings wichtiger als der Empfang innerhalb des Hauses. Hörbar überrascht, zeigte sich der potenzielle Vermieter auf die Frage nach dem Internetanschluss seiner Immobilie. Wir wiederum waren überrascht von seiner Antwort: „Jedenfalls schneller als bei Ihnen Zuhause“. Eine 100.000er-Leitung und das ganz ohne baMbit – damit wären wir auf der sicheren Seite. Dann noch die Formalitäten abwickeln wie Austausch von E-Mail-Adresse, Telefonnummern... Und der Preis. Bei einer telefonischen Buchung wird doch beim Preis verhandelt. So wurde man sich bei ca. 20% des vorgeschlagenen Mietpreises einig. Mit einer Mischung aus Freude und Entsetzen wissen unsere jüngsten Teammitglieder nun, dass eine Preisverhandlung am Telefon unüblich ist. Dann kaufen wir von der Differenz eben 15 Kästen Bier. Doch wie kriegen wir die ins Auto?
Vivi im Fußraum
Für Bier gab es wenig überraschend im Kleinwagen keinen Platz mehr. Vielmehr hatten wir ein riesiges Platzproblem. Drei Personen, vier Monitore, vier Reisetaschen/Koffer, Spiele sowie Ferienhaus-Ausrüstung und Handgepäck sollten ins Auto. Glücklicherweise reiste Vivi aufgrund eines Wochenend-Besuchs aus Berlin an. Sonst wäre für sie maximal noch im Fußraum Platz gewesen.
Während der Fahrt genossen wir das hervorragende Hörbuch „Die Känguru-Chroniken“ von Marc-Uwe Kling (an dieser Stelle eine ausdrückliche Empfehlung unsererseits). Das Hörbuch dauert genau sechs Stunden, ebenso lang wie die Strecke von Bamberg an die Ostsee. Ostsee in sechs Stunden, dauert das nicht länger? Außerhalb der Ferienzeit ist das ohne Eile oder Raserei Normalität.
Pre-Work
Angekommen an einem Samstag musste das Übliche erledigt werden – einkaufen, auspacken, einräumen, entspannen und bei einem Abendspaziergang die unmittelbare Umgebung erkunden. Sonntag war der erste freie Tag. Das nutzten wir für einen Ausflug nach Rostock, um dort Vivi am Bahnhof abzuholen und die Stadt zu besichtigen. Der Tag endete mit einem gemütlichen Beisammensein, Gesellschaftsspielen und der Einrichtung unseres Arbeitsplatzes.
Zwei Bäder, vier Personen, sechs Schlafzimmer – ein Tisch. Ein Tisch für vier Personen ist grenzwertig und eng. In den Video-Calls für die Kolleginnen und Kollegen eher ungünstig und nervig. Immerhin ist der Tisch groß genug, um alle Monitore und MacBooks unterzukriegen (diese Ausrüstung steht übrigens allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung – hier bewerben). Für Notebook-Ständer war im Auto leider kein Platz mehr, darum stehen unsere Laptops während des Arbeitens auf Brettspiel-Kartons.
Glücklicherweise befindet sich draußen ein Gartentisch, jedoch nur ein kleiner Beistelltisch, der zum Sitzen zu niedrig ist. Mehr Auswahl haben wir aber nicht, deshalb muss das reichen. Den Gartentisch stellen wir in eines der beiden freien Schlafzimmer und fertig ist unser neuer Meeting-Raum. Jetzt brauchen wir für den Raum noch einen coolen Namen, so sind wir es von der Agentur und unserem „Darkroom“ gewohnt. Wir einigten uns schnell auf ironische Städtenamen und wie gewohnt denken wir groß: Rio, Amsterdam und Tokio. Passend dazu wurden Schlafzimmer nach Geburtsorten benannt: Aalen, Ebing, Memmelsdorf und Bamberg. Da haben wir es nun von Rio, Amsterdam und Ebing.
Die Sonne spiegelt im Monitor
Montagmorgen, die Sonne scheint durch das lichtdurchflutete Wohnzimmer – und das nervt! Ansonsten ist alles wie immer. Wir arbeiten, haben viel zu tun, die Höhen und Tiefen des Alltags. Rio bewährt sich sofort, denn gleichzeitiges Telefonieren an einem Tisch funktioniert zwar, ist aber suboptimal. Nebenher würden wir gerne Musik hören, aber da kommen wir zu keiner Einigung. Also hören wir Musik, die niemandem von uns gefällt: Die Ohrwürmer aus Hölle. Der Song der Woche ist „Traum von Amsterdam“.
Spätestens Mittwoch vermissen wir alle etwas, das wir nie erwartet hätten – Bürostühle. Wir sitzen allesamt auf guten und bequemen Küchenstühlen, allerdings nach drei Tagen Arbeit machen die sich bei jeder Bewegung bemerkbar. Da hilft auch Sport vor oder nach der Arbeit nur begrenzt. Immerhin ist der Blick vom Wohnzimmer schön und grün. Das Oktober-Ostsee-Feeling ist nicht zu leugnen.
Und produktiv ist die Woche auch. Laura und Jonas arbeiten zusammen an einem Projekt, der Laufweg verkürzt sich von sechs Meter in der Agentur auf wenige Zentimeter, das spart viel Zeit. Naja, eigentlich nicht, aber da wir so eng beieinander sitzen, ruft man eben mal rüber. So gut auch die Kommunikation im Raum ist, so merken wir doch den Home-Office-Effekt. Man wird weniger angerufen, angesprochen oder rausgerissen von Teammitgliedern, die nicht im gleichen Raum sind. Auch das schafft Produktivität, aber man vermisst die gemeinsame Zeit mit allen in der Kaffeeküche.
Zusammenfassend können wir sagen: Viel ändert sich im Remote-Office nicht. Alles ist fast wie immer, nur an einem anderen Ort, mit einer anderen Sitzordnung. Aber nach der Arbeit sind wir nicht im regnerischen Bamberg, sondern an der nur teilweise regnerischen Ostsee, da wir mit dem Wetter Glück hatten.
Damit wir das auch bei Tageslicht genießen können, heißt es früh aufstehen. In Bamberg beginnen wir unsere Arbeit zu unterschiedlichen Zeiten. An der Ostsee eher gebündelt um 7:45 bis 8:00 Uhr teilweise bis zu einer Stunde früher als normal. Das ist gar nicht so leicht, denn die Abende sind länger als in einer „normalen“ Arbeitswoche.
Eine normale Arbeitswoche sieht bei medienreaktor sehr unterschiedlich aus. Von 4 (Tage) x 8 (Stunden), 5x6, 4x8+x, 5x8 haben wir allerhand Arbeitszeitmodelle. An der Ostsee versammeln sich drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Normalfall vier Tage arbeiten und Laura, die im Gegensatz dazu auch freitags arbeitet. Dank flexibler Wochenarbeitszeit kein Problem (für Laura). Schade eigentlich, wir hätten es deutlich witziger gefunden, wenn sie als Einzige am Freitag gearbeitet hätte.
After-Work – Oben wie unten 12 Grad
Der Feierabend beginnt für alle zu einem anderen Zeitpunkt. Besprechungen und der leicht verschobene Arbeitsbeginn, sowie der Wunsch noch etwas fertig zu bekommen, sorgen dafür, dass wir teilweise schon draußen Football spielen, während andere noch arbeiten (Anmerkung: An dieser Stelle wurde von Laura eine Story über einen Football-Headshot gestrichen).
Sobald alle fertig sind, musste unser Schreibtisch zum Esstisch umgebaut werden. Das heißt, alles beiseite schaffen und aufräumen. Währenddessen schwingen wir den Kochlöffel. Beim täglichen Kochen wechseln wir uns ab, jeden Tag kocht jemand anderes. Wir alle wollen mit unserem Kochtalent glänzen, deshalb gibt es ein vielseitiges Angebot an (un)gesunden Speisen.
Die Abende bringen neben Essen allerhand Freizeitaktivitäten, wie Sport und Gesellschaftsspiele, Serien schauen oder Konsole spielen auf dem gemütlichen Sofa bei brennendem Kamin. Allerdings sind die absoluten Highlights unsere Strandbesuche, die vor allem bei den anderen Gästen für Belustigung sorgen. Aus irgendeinem Grund haben wir das Wasser immer ganz für uns allein. Und wenn wir aus dem Meer kommen, ist es draußen nicht mehr so kalt. Schließlich hat es im Meer 12 Grad und außen auch 12 Grad. Das ist kein Grund zum Frieren. Um die Gefahr einer Erkältung zu reduzieren, eignet sich danach ein Gang in die eigene Sauna. Dass ein Saunabesuch im Arbeitsumfeld (leider?) nicht zwingend nackt erfolgt, ist selbstverständlich. Feierabend-Bier gibt es natürlich auch.
Fazit
Das schreit nach Meer. Es wird nicht unser letzter Remote Work Ausflug bleiben. Allerdings geht es nächstes Mal eher in den Süden oder in die Berge, wo es noch etwas wärmer ist. Ein Ferienhaus ist erst nach sorgfältiger Recherche über Möbel und Internetzugang geeignet. Zudem ist es angebracht, ein größeres Auto für die An- und Heimreise zu nutzen. Vielleicht könnte eine echte Alternative die Arbeit in einem Hotel sein. Wir werden es sicher bald herausfinden.